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Das aktuelle Thema:
Das sollten Sie bedenken, bevor Sie wegen Sorge- oder Umgangsrecht
prozessieren!
Die im Zusammenhang mit der elterlichen Sorge und dem Umgangsrecht
entstehenden Fragen lassen sich mit rechtlichen Mitteln, wenn überhaupt,
nur unzureichend lösen.
Zwar halten die Gesetze ein theoretisch ausreichendes Instrumentarium
bereit, um diejenige Sorgerechts- und Umgangsregelung zu treffen
und nötigenfalls zu erzwingen, die dem Kindeswohl am besten entspricht.
In der Praxis funktionieren solche Regelungen aber durchweg nur,
wenn zwischen den daran beteiligen Eltern und Kindern wenigstens
ein Mindestmaß an Kooperations- und Kompromissfähigkeit vorhanden
ist.
Der Gang zum Anwalt und zum Familiengericht setzt sehr oft eine
Eigendynamik frei, die von den Betroffenen nur noch schwer zu beherrschen
ist. So werden zwangsläufig Sachverhalte in Anwaltsschriftsätzen
pointiert und einseitig im Interesse des jeweiligen Mandanten dargestellt.
Vom „Gegner“ wird dies aber häufig nicht als notwendige prozessuale
Taktik, sondern als persönlicher Angriff verstanden. Die Situation
kann dadurch so eskalieren, dass vernünftige Lösungen, die allen
Beteiligten dienen sollten, erschwert oder unmöglich gemacht werden.
Vor allem bei der Anwendung von Zwangsmaßnahmen - etwa zur Durchsetzung
eines Umgangsrechts - gilt: Druck erzeugt Gegendruck!
Alle Regelungen, die auf den genannten Gebieten getroffen werden
können, sind dynamisch. Sie hängen vor allem ab von der Entwicklung
des betroffenen Kindes sowie der zunehmenden Entfremdung der Eltern
und dem Hineinwachsen in neue Beziehungen und Familien. Der Elternteil,
bei dem ein Kind sich regelmäßig aufhält, hat Möglichkeiten der
Einfluss- nahme, die mit rechtlichen Mitteln nicht verhindert werden
und im Ergebnis auch zur völligen Ablehnung des anderen Elternteils
durch das Kind führen können. Ist dieses Stadium erreicht, kann
jedenfalls ein älteres Kind zu von ihm nicht gewünschten Kontakten
auch rechtlich nicht mehr gezwungen werden. Die Frage des Kindesunterhalts
hat mit dem Umgangsrecht rechtlich nichts zu tun. Es ist also nicht
zulässig, Entgegenkommen auf dem einen Gebiet davon abhängig zu
machen, dass die „Gegenseite“ ihrerseits auf dem anderen Gebiet
nachgibt.
Aktuelle Entscheidungen:
Keine Sorgerechtsentziehung wegen Verweigerung des Schulbesuches
Allein die beharrliche Weigerung von Eltern, ihr 11-jähriges Kind
am Schulunterricht teilnehmen zu lassen, rechtfertigt nicht ohne
Weiteres den Entzug des Sorgerechts. Das Oberlandesgericht Nürnberg
sah die vom Jugendamt angestrebte Sorgerechtsentziehung und Unterbringung
des Kindes in einem Internat als unverhältnismäßig an, zumal sich
der von seiner Mutter zu Hause unterrichtete 11-Jährige in seinem
Sozialverhalten und seinem Wissensstand durchaus altersgerecht entwickelt
hat.
Hinweis: Das Gericht wies ausdrücklich darauf hin, dass mit der
Entscheidung keine Billigung der Verweigerung des Schulbesuches
verbunden ist. Die Entscheidung hat daher auf ein gegen die sorgeberechtigte
Mutter laufendes Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen Verstoßes gegen
die Schulpflicht keine Auswirkungen. Die Mutter hatte in einem früheren
Verfahren sogar schon eine mehrtätige Erzwingungshaft auf sich genommen.
(Beschluss des OLG Nürnberg vom 19.11.2016 9 UF 551/16 Pressemitteilung
des OLG Nürnberg)
Widerspruch zwischen öffentlichem und privatschriftlichem Testament
Gehört zum Nachlass ein Grundstück, genügt nach Eintritt des Erbfalls
für die Berichtigung des Grundbuches grundsätzlich der Erbnachweis
durch ein notariell beur-kundetes öffentliches Testament bzw. einen
entsprechenden Erbvertrag. Liegt jedoch daneben ein weiteres privatschriftliches
(gemeinschaftliches) Testament vor, das eine widersprechende Erbeinsetzung
oder Vermächtnisregelung enthält, kann das Grundbuchamt trotz Vorliegen
des öffentlichen Testaments den Erbnachweis durch einen Erbschein
verlangen. Im Rahmen des Erbscheinverfahrens hat sodann das Nachlassgericht
zu klären, welche der testamentarischen Verfügungen wirksam ist.
(Beschluss des OLG München vom 04.08.2016 34 Wx 139/16 jurisPR-FamR
24/2016 Anm. 6)
Getrenntlebende Ehefrau darf Ehewohnung weiter bewohnen
Wird die Ehewohnung während der Trennungszeit von der Ehefrau weiterbenutzt,
kann der Ehemann, der aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen ist
und seiner Frau das Nutzungsrecht überlassen hat, bis zur Scheidung
nicht die Herausgabe der in seinem Alleineigentum stehenden Immobilie
verlangen. Die Ehewohnung behält diese Eigenschaft während der gesamten
Trennungszeit. Ein Herausgabeverlangen wäre nur dann begründet,
wenn der Verbleib in der Wohnung für den Eigentümerehegatten eine
unbillige Härte darstellen würde. (Beschluss des BGH vom 28.09.2016
XII ZB 487/15 WuM 2016, 761)
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